10. August 2013

Arch Linux: Umstieg von Ubuntu auf Arch Linux - Fazit (Teil 7)

In diesem finalen Artikel meiner Serie über den Umstieg von Ubuntu auf Arch Linux will ich nun ein persönliches Fazit und einen Ausblick auf meinen weiteren Weg mit der Distribution abgeben. Dabei kann gleich zu Anfang festgehalten werden: Arch hat mich überzeugt!

1 Die Vorgeschichte


Mein Weg zu Arch Linux war anfangs, wie wahrscheinlich für viele andere auch, sehr von Unerfahrenheit geprägt. Die ganze Geschichte fing an, als für mich, aufgrund von neuer Hardware, eine Neuinstallation meines Ubuntu-Systems bevorstand. Dieses System war über Jahre gelaufen und hatte so einige Update-Zyklen mitmachen müssen. Besonders nach dem Update auf Ubuntu 12.10 wurde es merklich unstabiler. Neben zunehmenden Abstürzen von Programmen und Diensten machte sich dies auch in einer spürbar schlechteren Performance bemerkbar. So konnte es nichts schaden, eine komplette Neuinstallation in Angriff zu nehmen, wo doch das Betriebssystem sowieso auf eine SSD verlagert werden sollte.

Bei dieser Gelegenheit kam mir der Gedanke, ob es nicht an der Zeit wäre, auf eine andere Linux-Distribution, die sich mehr an fortgeschrittene Benutzer richtet und nicht so sehr unter der Vorherrschaft von Canonical und dessen zweifelhaften Entscheidungen leidet, zu wechseln. Denn, dass ich bei Linux bleiben werde, stand nie zur Debatte, nachdem mich Ubuntu vor Jahren erfolgreich aus dem Windows-Milieu befreit hatte. Die einzelnen Punkte, die mich an Ubuntu störten, habe ich bereits im ersten Teil dieser Serie erwähnt, weshalb ich an dieser Stelle nicht noch ein weiteres Mal darauf eingehen will. Es sei nur so viel gesagt, dass ich bereits von einigen anderen Umsteigern gelesen habe, die aus ähnlichen Gründen den Schritt von Ubuntu zu Arch gewagt haben, weshalb meine Aufmerksamkeit auf diese Distribution gefallen ist. Nach einigem inneren Gerangel und ersten Nachforschungen darüber, welche Vorteile ein solcher Wechsel für mich haben könnte, habe ich mich dann letztendlich dafür entschieden, Arch Linux zumindest einmal eine Chance zu geben, denn der Schritt zurück zu Ubuntu wäre zur Not schnell gemacht und wer sich einen fortgeschrittenen Linux-User nennen will, muss auch mal einen Blick auf andere Distributionen wagen.

2 Erste Schritte


So ging ich relativ unbedarft an die Installation meines neuen Arch-Systems, wobei ich dabei der schrittweisen Anleitung des Arch-Wikis gefolgt bin. Auf diese Weise ist die Installation nicht weiter schwierig und man lernt einige der wesentliche Bestandteile kennen, aus denen sich ein Linux-System zusammensetzt. Lediglich, wenn man von der Anleitung abweichende Anforderungen, wie etwa in meinem Fall die Verschlüsselung mittels LVM hat, muss man sich aus anderen Wiki-Artikeln die notwendigen Informationen zusammensuchen. Aufgrund der doch sehr langwierigen Anleitung, die jedoch sehr umfangreich ist und viele verschiedene Szenarios abdeckt, und eventuellen weiteren Nachforschungen im Wiki, dauert die Installation von Arch beim ersten Mal doch sehr lange im Vergleich mit anderen Distributionen. Insbesondere, wenn man sich dann mit unerwarteten Problemen konfrontiert sieht, in meinem Fall gab es beispielsweise eine Fehlermeldung bei der Installation von GRUB über die keine hilfreichen Informationen zu finden waren, weshalb ich letztendlich auf Syslinux umgestiegen bin, muss man einiges an Ausdauer und den Willen beweisen, selbst für die Funktionalität des Systems verantwortlich zu sein.

Auch wenn man schließlich ein lauffähiges Arch Linux vor sich hat, wird man noch mit Problemen konfrontiert, die man so von anderen Distributionen nicht kennt, wie etwa, wenn sich Flash-Videos nach der manuellen Installation von eines Flash-Players nicht im Vollbildmodus abspielen lassen. Insbesondere, wenn man zuvor Ubuntu genutzt hat, das dem Benutzer die Installation solcher grundlegenden Funktionalitäten, wie Flash oder Audio-, bzw. Video-Codecs, abnimmt, sind diese zusätzlichen Aufgaben zur Konfiguration des Systems eher ungewohnt. Ein Blick in das sehr umfangreiche Arch-Wiki, welches an dieser Stelle ausdrücklich gelobt werden soll, schafft jedoch meist Abhilfe und bietet auch Lösungen für häufig auftretende Probleme. Dabei ist zu beachten, dass die englischsprachige Ausgabe deutlich umfangreicher ist als die deutsche, weshalb sie nach Möglichkeit vorzuziehen ist.

3 Die Desktopumgebung als Kriterium


Wenn man, wie ich, zuvor Ubuntu mit der Unity-Oberfläche genutzt hat, macht es bei einem solchen Umstieg Sinn, darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, neben dem Basissystem auch die Desktopumgebung zu wechseln. Zunächst hatte ich vor, auch unter Arch Linux auf Unity als Benutzeroberfläche zu setzen, jedoch wurde mir klar, dass einige der kritischen Punkte, die ich und viele andere Linux-User bei der Entwicklung von Ubuntu beobachteten, mit der Einführung von Unity zusammenhängen. Damit meine ich nicht das Bedienkonzept, das zwar ebenfalls vielen nicht gefällt, mir persönlich aber weiterhin zusagt, sondern Kritikpunkte wie der leichtfertige Umgang mit Userdaten bei der integrierten Suche oder fehlende Einstellungsmöglichkeiten. Außerdem ist es zwar prinzipiell möglich, Unity unter Arch Linux zu installieren, jedoch traten in meinem Fall Probleme im Betrieb auf, die mir den Eindruck vermittelten, dass Unity explizit dafür entwickelt wurde, unter Ubuntu zu funktionieren, während die Unterstützung anderer Distributionen auf der Strecke blieb.

Aus diesen Gründen entschied ich mich für den Wechsel zu einer anderen Desktopumgebung, wobei mir die Wahl hierfür nicht leicht fiel. Letztendlich habe ich mich für GNOME 3 entschieden und nach einigen Anpassungen, die zugegebenermaßen dazu dienen, Unity-Eigenschaften nachzuahmen, bin ich mit dieser Wahl sehr zufrieden. Zwar hat die Desktopumgebung nur entfernt etwas mit Arch Linux zu tun, jedoch ist sie die maßgebliche Schnittstelle zum Benutzer, mit der man Tag für Tag konfrontiert wird. Aus diesem Grund kann für einen Ubuntu-User, der den Umgang mit Unity gewohnt ist, der Umstieg auf Arch Linux unattraktiv werden, wenn die Desktopumgebung nicht ohne Probleme darauf lauffähig ist. GNOME konnte ich dagegen ohne Probleme installieren und starten, was wohl auch für die restlichen Desktopumgebungen der Fall sein wird. Letztendlich kann man diese vorbildliche Unterstützung als eine positive Eigenschaft von Arch Linux werten, während man unter Ubuntu eine solche Flexibilität zwar prinzipiell ebenfalls gegeben hat, die Erfahrung aber zeigt, dass die Verwendung alternativer Desktopumgebungen zu Problemen führen kann.

Der GNOME-Desktop meines Arch Linux-Systems (Klicken zum Vergrößern)
Die hier präsentierten Screenshots zeigen die von mir angepasste GNOME-Shell meines Arch Linux-Systems. Das verwendete Shell- und Icon-Theme heißt "Numix" und ist über die, am Ende dieses Artikels angegebenen, Links verfügbar. Die Downloads können jeweils auch über das AUR bezogen und installiert werden. Um solche Themes anzuwenden, verwendet man am Besten ein Programm wie z.B. das "gnome-tweak-tool", das über die offiziellen Repositories verfügbar ist.

Das Aktivitäten-Menü von GNOME 3 (Klicken zum Vergrößern)

Neben dem verwendeten Theme habe ich die GNOME-Shell auch über einige sogenannte GNOME-Extensions angepasst. Zu den so erreichten Modifikationen gehören z.B. das Ausblenden des Aktivitäten-Buttons, das Verschieben der Datums-Anzeige nach rechts, die Vergrößerung des App-Launchers oder das Anzeigen der Schaltflächen von maximierten Fenstern im GNOME-Panel. Dies ist notwendig, da durch eine Anpassung des verwendeten Themes die Titelleisten von maximierten Fenstern ausgeblendet werden. Passend zu diesem Verhalten, das man von Unity kennt und das auf dem folgenden Screenshot zu sehen ist, wurden die Fensterschaltflächen von rechts nach links verschoben.

Darstellung eines maximierten Fensters, wobei die Titelleiste durch das GNOME-Panel ersetzt wird (Klicken zum Vergrößern)

Bei Bedarf kann ich in einem gesonderten Artikel näher auf die einzelnen Maßnahmen eingehen, die nötig sind um die GNOME-Shell auf diese Weise anzupassen.

4 Mein Fazit


Zusammenfassend kann man sagen, dass der Weg zu einer selbst konfigurierten Arch-Installation besonders beim ersten Mal durchaus mühsam und langwierig sein kann. Wer jedoch gewillt ist, diese Mühen auf sich zu nehmen, bekommt am Ende ein selbst konfiguriertes, schlankes System, das nach individuellen Vorstellungen gestaltet werden kann und keinen unnötigen Ballast mit sich bringt. Für dieses Vorhaben sollte man neben ausreichend Zeit jedoch auch einiges an Linux-Erfahrung mit sich bringen, grundlegende Funktionsweisen von Linux kennen und sich insbesondere in einer Kommandozeilen-Umgebung gut zurecht finden. 

Neben der höheren Einstiegshürde gilt auch, dass die Lernkurve im Umgang mit Arch am Anfang stärker ansteigend ist, als bei anderen Distributionen, wie etwa Ubuntu, die dafür ausgelegt sind, eine höhere Benutzerfreundlichkeit zu erreichen. Wenn man allerdings die anfänglichen Probleme überwunden hat und gängige Vorgehensweisen, wie etwa die Verwendung des Paketmanagers Pacman oder des AURs, verinnerlicht hat, ist die Bedienung von Arch Linux nicht komplizierter als von anderen Distributionen. Wenn man außerdem gerne weitreichende Veränderungen nach den eigenen Wünschen an der Desktopumgebung, aber auch besonders an grundlegenden Systemfunktionalitäten, vornimmt, bekommt man durch Arch Linux eine viel höhere Flexibilität in die Hand gelegt, denn man muss sich bewusst sein, dass die Benutzerfreundlichkeit von anderen Systemen dadurch erreicht wird, dass dem Benutzer standardmäßig viele Entscheidungen abgenommen werden für die darüber hinaus auch oftmals die Einstellungsmöglichkeiten fehlen.

Dennoch verliert Ubuntu durch diese Vorteile keineswegs seine Daseinsberechtigung. Denn für Einsteiger und Durchschnittsbenutzer ist das Prinzip der Distribution durchaus besser geeignet. Lediglich, wenn man als fortgeschrittener Benutzer gewillt ist, Zeit und Mühen in ein selbst konfiguriertes System zu stecken, lohnt sich der Einsatz von Arch Linux. Für alle Anderen bleibt Ubuntu eine der besten Distributionen, die sich nicht umsonst einen großen, wenn nicht sogar den größten, Namen in der Linux-Landschaft gemacht hat.

Ich habe dagegen für mich beschlossen, dass Arch Linux in Zukunft Ubuntu, zumindest als Produktivsystem, ablösen wird. Demzufolge werden in diesem Blog zukünftig wohl eher Artikel über Arch- statt über Ubuntu-Themen zu finden sein und auch über GNOME, welches ich durch den Wechsel neuerdings verwende, wird wahrscheinlich einiges folgen. Trotzdem werde ich die Entwicklung von Ubuntu weiterhin aufmerksam verfolgen und ich hoffe, dass sich Canonical der häufig geäußerten Kritikpunkte annimmt, so dass Ubuntu weiterhin uneingeschränkt empfohlen werden kann.

Weiterführende Links:

4 Kommentare:

  1. Kannst Du noch die Namen der verwendeten Extensions nennen? Das mit der Titelleiste interessiert mich. Kann es sein, das die ein oder andere Anwendung dieses Verhalten schon zeigt? Nautilus z.B. hat keine Titelleiste mehr, wenn das Fenster maximiert ist.

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  2. Ja, bei Nautilus wird tatsächlich von Haus aus die Titelleiste ausgeblendet wenn das Fenster maximiert ist. Bei anderen Programmen ist das aber nicht der Fall.

    Das Ausblenden der Titelleiste habe ich, anders als im Artikel behauptet (ich werde das korrigieren), nicht über eine Gnome Extension erreicht, sondern indem ich die Konfigurationsdatei des verwendeten Themes angepasst habe. Unter dem Link http://www.webupd8.org/2011/05/how-to-remove-maximized-windows.html gibt es hierfür eine Anleitung. Es gibt aber auch eine Extension namens "Maximus", die das selbe Verhalten erreichen soll. Ich habe diese jedoch nicht getestet.

    Die Schaltflächen, die durch das Maximieren verloren gehen, kann man über die Extension "Window Buttons" im Gnome-Panel anzeigen lassen.

    Ich werde wohl bei Gelegenheit noch eine kleine Serie von Artikeln verfassen, in der ich die Änderungen zeige, die ich an meiner Gnome-Shell vorgenommen habe.

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    1. Super, vielen Dank für die Infos. Ich freue mich schon auf die weiteren Serien über Arch ;-)

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    2. Ich hatte bereits Zeit, den ersten Artikel über meine GNOME-Shell unter Arch zu verfassen. Er handelt über die Installation der Themes und ist jetzt in diesem Blog zu finden. Der darauffolgende Artikel wird dann die Thematik des Ausblenden von Titelleisten behandeln.

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